Navigation und Service

NKR im Bundestag: Anhörungen zu Bürokratieabbau und Onlinezugangsgesetz

Schwerpunktthema: Wirtschafts- und Innenausschuss laden NKR ein

Die Mitglieder des NKR können als Sachverständige in öffentliche Anhörungen des Deutschen Bundestags eingeladen werden, um ihre Fachexpertise im Bereich Bürokratieabbau, Bessere Rechtsetzung und Digitalisierung der Verwaltung einzubringen. Im Oktober 2023 wurde der NKR gleich zweimal angehört – Im Wirtschaftsausschuss zum Thema Bürokratieabbau und im Innenausschuss zum OZG-Änderungsgesetz.

InterviewUndNamensartikel

Öffentlichen Anhörungen Deutsche Bundestag
Quelle: Pixabay

Die Mitglieder des NKR können als Sachverständige in öffentliche Anhörungen des Deutschen Bundestags eingeladen werden, um ihre Fachexpertise im Bereich Bürokratieabbau, Bessere Rechtsetzung und Digitalisierung der Verwaltung einzubringen. Im Oktober 2023 wurde der NKR gleich zweimal angehört – Im Wirtschaftsausschuss zum Thema Bürokratieabbau und im Innenausschuss zum OZG-Änderungsgesetz.

Lutz Goebel, Vorsitzender des NKR, im Wirtschaftsausschuss des Deutschen Bundestags

Mitte Oktober 2023 hat der Wirtschaftsausschuss im Deutschen Bundestag eine öffentliche Anhörung durchgeführt, zu der Lutz Goebel als Sachverständiger eingeladen war. Gegenstand der Anhörung war der Antrag der CDU/CSU-Fraktion „Wirtschaftsstandort Deutschland stärken, Wirtschaft unterstützen – Abbau überflüssiger und belastender Bürokratie“ (siehe hier). Zusammen mit dem Hauptgeschäftsführer des deutschen Handelsverbands, dem Leiter des Zentralbereichs Volkswirtschaft der Deutschen Bundesbank, der Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands und einigen anderen Expertinnen und Experten aus der Praxis wurde über die Herausforderungen und Stellschrauben beim Bürokratieabbau diskutiert. Einen Mitschnitt der ganzen Anhörung können Sie sich im Parlamentsfernsehen hier ansehen.

Alle Sachverständigen wurden gebeten, im Vorfeld der Anhörung eine schriftliche Stellungnahme abzugeben. Lutz Goebel betonte in seinem Statement (siehe hier), dass die Belastungen von Wirtschaft, Verwaltung und Bevölkerung erneut stark gewachsen sind und der Erfüllungsaufwand noch nie dagewesene Höhen erreicht hat. Um einen anhaltenden Entlastungstrend zu bewirken, braucht es einen systematischeren Ansatz und weitere Maßnahmen:

  • Ergänzung des BEG IV um weitere Vorschläge aus der Verbändeabfrage des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) zu Bürokratieabbau: Eine Vielzahl von Entlastungsvorschlägen aus der Verbändeabfrage des BMJ von Januar 2023 fehlen bisher im BEG IV und sollten unbedingt aufgenommen und darüber hinaus für weitere Maßnahmen auf Bundes- und EU-Ebene genutzt werden. Ein Monitoring über die Verwendung der Vorschläge sollte transparent geführt werden.
  • Vorschlag des NKR für den konkreten Bürokratieabbau: Im Zusammenhang mit dem BEG IV verbucht der NKR als wichtigen Erfolg, dass die Bundesregierung angekündigt hat, die bilanzrechtlichen Schwellenwerte der Größenklassen von Unternehmen im Handelsgesetzbuch anzuheben. Dieses Vorhaben geht auf eine Empfehlung des NKR zurück. Die Anhebung wird für viele kleine und mittlere Unternehmen eine Neueinstufung in eine niedrigere Größenklasse bedeuten – und damit weniger handelsrechtliche Berichtspflichten. Für die begünstigten Unternehmen wird dadurch eine erhebliche Entlastung von bürokratischem Aufwand erreicht.
  • Weiterentwicklung der Belastungsbremse „One in one out“ als systematisches Anreizinstrument zur Bürokratievermeidung: Um die tatsächliche Belastung realistisch abzubilden, sollte auch die nationale Umsetzung von EU-Vorhaben, der einmalige Erfüllungsaufwand sowie der laufende Erfüllungsaufwand für Verwaltungen sowie für Bürgerinnen und Bürger in die „One in one out“-Bilanz einfließen.
  • „One in two out“ für Bürokratiekosten einführen: Nicht nur für die Wirtschaft, sondern auch für Verwaltung sowie Bürgerinnen und Bürger sollten Bürokratiekosten, d.h. Kosten für rein administrativen Aufwand, ermittelt werden. Neben der Einführung einer „One in two out“-Regel sollte die Bundesregierung ein nachprüfbares Abbauziel vorgeben, das die Absenkung des Bürokratiekostenindex um mindestens 25 Prozent vorsieht.
  • Auskömmliche Beteiligung Betroffener zur Gewährleistung von Praxis- und Digitaltauglichkeit: Um die praxis- und digitaltaugliche Ausgestaltung von Gesetzen zu gewährleisten, muss genug Zeit sein, um Fachexpertise gründlich einzubeziehen. Hierfür muss die Bundesregierung ihre eigene Geschäftsordnung hinsichtlich der Einbindung von Betroffenen wieder konsequent einhalten und eine Anhörungsfrist von mindestens vier Wochen gewährleisten.

Malte Spitz, NKR-Ratsmitglied, im Ausschuss für Inneres und Heimat des Deutschen Bundestags

Anfang Oktober 2023 hat der Innenausschuss im Deutschen Bundestag eine öffentliche Anhörung durchgeführt, zu der Malte Spitz als Sachverständiger eingeladen war. Gegenstand der Anhörung war der Gesetzentwurf der Bundesregierung "Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Onlinezugangsgesetzes sowie weiterer Vorschriften zur Digitalisierung der Verwaltung" (siehe hier). Gemeinsam mit dem CIO des Saarlandes, dem Bitkom Verband, dem Deutschen Städtetag, der Deutschen Industrie- und Handelskammer, der FITKO und vielen anderen namenhaften Institutionen aus der digitalen Verwaltung wurde über die Schwachstellen im OZG-Änderungsgesetz diskutiert. Einen Mitschnitt der ganzen Anhörung können Sie sich im Parlamentsfernsehen hier ansehen.

Malte Spitz kritisiert in seiner Stellungnahme (siehe hier), dass die Kernprobleme der Verwaltungsdigitalisierung im OZG-Änderungsgesetz nicht ausreichend angepackt werden, fordert eine deutliche Schärfung des Gesetzes und unterbreitet konkrete Formulierungsvorschläge.

Ausgewählte Forderungen aus der Stellungnahme im Überblick:

  • Standardisierung, Basiskomponenten und Plattformverbund: Fundamentalstes Grundprinzip, das im OZG festgeschrieben werden sollte, ist die Vorgabe von Standards und Schnittstellen, die Verwendung gemeinsamer Basiskomponenten und die Errichtung eines auf abgestimmten Architekturvorgaben basierenden föderalen IT-Betriebsverbundes (Plattformverbund). Nicht EfA-Software mit unklaren Finanzierungen und komplizierten vergaberechtlichen Konstrukten sollte das Ziel sein, sondern einmal für alle entwickelte offene Standards und Schnittstellendefinitionen sowie Basiskomponenten. Diese würden es den föderal verteilten Akteuren ermöglichen, dezentral und eigenständig Lösungen zu beschaffen. Der Bund sollte sich auf die Bereitstellung des erforderlichen technischen Rahmens konzentrieren.
  • Errichtung und Betrieb App-Store für Verwaltungsleistungen: Die OZG-Umsetzung ist ein komplexes Vorhaben mit unzähligen Akteuren auf allen Verwaltungsebenen. Diese Akteure sind angesichts der Menge zu erfassender Informationen und des Aufwandes bei der Beschaffung standardkonformer OZG-Software regelmäßig überfordert. Es braucht Hilfsmittel, um diese s.g. Transaktionskosten massiv zu senken. Ein Marktplatz, der individuellen Akteuren den Zugang zu solcher Software erleichtert. Hierfür braucht es gesetzlich abgesicherte Vorgaben für Ausgestaltung, Trägerschaft und Betrieb sowie die Stärkung der dafür prädestinierten FITKO. Diese Aufgabe sollte im Gesetz festgeschrieben werden.
  • Festlegung eines Digitalen Servicestandards: Im Rahmen der OZG-Umsetzung wurden mit dem Servicestandard ganzheitliche Qualitätsprinzipien für die Digitalisierung von Verwaltungsleistungen erarbeitet. Bislang ist der Servicestandard jedoch lediglich eine Hilfestellung für die Entwicklung digitaler Verwaltungsangebote. Neben einer klaren Zielvorgabe ist eine konkrete gesetzliche Aufgabenbeschreibung nötig. Der Servicestandard sollte in der jeweils aktuellen Fassung verpflichtend vorgegeben werden.
  • Monitoring und Evaluierung: Wir brauchen ein ehrliches Monitoring über den Umsetzungs- und Nutzungsstand. Nur so lässt sich die OZG-Umsetzung wirksam steuern. Ein solches Monitoring ist zudem Grundlage für ein öffentliches Berichtswesen, das die politische Aufmerksamkeit und den Handlungsdruck aufrecht halten soll. Deshalb sollte der Bundestag einen jährlichen OZG-Umsetzungsbericht erhalten, der zudem die Bewertung eines unabhängigen Prüfers enthält.
  • Zusammenspiel Registermodernisierung: Once-Only-Klausel für alle Nachweisabrufe: Das OZG wird nur erfolgreich, wenn die Registermodernisierung erfolgreich ist. Selbst von den im Rahmen des Programms zur Registermodernisierung vorgesehenen 18 TOP-Register, bringen nur 8 Register die technischen Voraussetzungen für einen automatisierten Datenabruf ohne zeitlichen Verzug mit. Die bisherige Formulierung im Gesetzesentwurf würde deshalb häufig nicht greifen, die Bürgerinnen und Bürger müssten noch lange auf die Umsetzung von Once-Only warten.