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Weniger Komplexität und wettbewerbsfreundliche Standards

Schwerpunktthema: OZG-Änderungsgesetz

Formular und Stift
Quelle: Pixabay

In der politischen Sommerpause ist viel über die Haushaltskürzungen bei der Verwaltungsdigitalisierung diskutiert worden. Denn obwohl Deutschland bei der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) weiter hinterherhinkt, ist die mittel- und langfristige finanzielle Unterstützung durch den Bund völlig unklar. Die Kritik an der Umstrukturierung ist groß, aber der NKR und andere Experten sind sich einig: Geld ist wichtig, aber längst nicht alles. Die eigentlichen Herausforderungen sind struktureller und damit viel grundlegender Natur.

Für den Erfolg des OZG ist es von entscheidender Bedeutung, dass Deutschland es schafft, die organisatorische Komplexität der Umsetzung zu reduzieren, grundlegende Basistechnologien flächendeckend bereitzustellen und die öffentliche IT-Landschaft wettbewerbsfreundlich zu standardisieren.  Einige Ansätze hierzu finden sich im Mai 2023 beschlossenen OZG-Änderungsgesetz, dem sogenannten OZG 2.0. Der Gesetzentwurf enthält eine Reihe von Zielen und Maßnahmen, die der NKR durchaus positiv bewertet:

  • Festlegung auf ein deutschlandweit einheitliches Bürger- und Organisationskonto mit erweitertem Funktionsumfang
  • Verpflichtung der Länder, den Anschluss der Kommunen an den Portalverbund sicherzustellen
  • zentrale Veröffentlichung relevanter Standards und Schnittstellen durch das BMI
  • Once-Only-Generalklausel, wonach Personen während einer Antragstellung entscheiden können, dass Behörden benötigte Nachweise bei anderen Behörden abrufen dürfen
  • Definition eines umfassenden Schriftformersatzes
  • Klarstellung, dass die Datenschutzbehörde des Landes zuständig ist, das Software für andere Länder bereitstellt

Gleichwohl kritisiert der NKR, dass viele dieser im OZG-Änderungsgesetz enthaltenen Punkte bereits im Vorfeld zwischen Bund und Ländern Konsens waren. Den wirklich entscheidenden Fragen weicht der Gesetzentwurf weiterhin aus:

  • Auf Grundlage welcher architektonischen Gesamtstrategie sollen zentrale und dezentrale Basiskomponenten, Onlinezugänge, Fachverfahren und Register bereitgestellt werden und zusammenwirken (Plattformstrategie und Gesamtarchitektur)?
  • Wie sollen die dafür notwendigen Standards und Schnittstellen zügig definiert und verbindlich vorgegeben werden (Standardisierungsregime)?
  • Welche Voraussetzungen müssen dafür durch wen und bis wann geschaffen werden (Meilensteinplanung)?
  • Wie müssen Kompetenzen und Ressourcen im Gefüge von Bund, Ländern und Kommunen so organisiert werden, dass schnell und verbindlich entschieden und gehandelt werden kann (Governance, IT-Budget, FITKO-Stärkung)?
  • Wie kann die deutschlandweite Verbreitung guter Softwarelösungen (Flächendeckung) radikal vereinfacht werden, ohne Wettbewerb und Innovationskraft zu verlieren (App-Store, Vergaberecht)?
  • Wie können Umsetzungsdruck und Verbindlichkeit des OZG weiter erhöht werden (genauere Fristen, Rechtsanspruch, transparentes Berichtswesen)?

Auf viele dieser grundlegenden strukturellen Fragen hat der NKR in seinem Positionspapier von Februar 2023 Antworten gegeben und konkrete Forderungen in den politischen Prozess eingebracht. Berücksichtigt wurden diese bisher kaum. Dabei wurden die Vorschläge des NKR auch in einer Experten-Anhörung zum OZG weitgehend bestätigt. Zwar äußerten sich die eingeladenen Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und der Vollzugsebene mehrheitlich skeptisch gegenüber dem Vorschlag des NKR, einen Rechtsanspruch auf Onlineleistungen einzuführen. Die übrigen NKR-Forderungen wurden jedoch breit unterstützt und sollten nach Auffassung des NKR im parlamentarischen Verfahren aufgegriffen werden:

  • Die zügige Verständigung auf eine gemeinsame Strategie und geteiltes Zielbild einer digitalen Verwaltung auf der Höhe der Zeit: Dem OZG fehlt als Grundlage eine Strategie, wie die Verwaltungsdigitalisierung in Deutschland auf ein international konkurrenzfähiges Niveau gehoben werden kann und welche Schritte zur Umsetzung erforderlich sind.
  • Abkehr vom „Einer für alle“-Prinzip (EfA): Nach Auffassung des NKR ist das EfA-Prinzip in seiner bisherigen Form gescheitert. Stattdessen sieht der NKR einen Plattform-Ansatz als richtige Strategie zur Modernisierung der Verwaltung.
  • Die Entwicklung und Vorgabe von Standards und Schnittstellen: Die Entwicklung offener, einheitlicher Standards und Schnittstellen würden es den föderal verteilten Akteuren ermöglichen, dezentral und eigenständig Lösungen zu beschaffen, die anschlussfähig zu anderen Systemen, kompatibel mit Basisdiensten und leichter gegen andere Produkte austauschbar sind.
  • Die Bereitstellung von zentralen IT-Komponenten (Basisdiensten): Der Bund sollte sich auf die Bereitstellung des erforderlichen technischen Rahmens und auf solche Komponenten konzentrieren, die in den meisten digitalen Angeboten gebraucht werden.
  • Die Verbreitung von IT-Lösungen ermöglichen: Auf Basis dieser Standards und Basisdienste könnte ein Markt für Software entstehen, die tatsächlich interoperabel ist.
  • Ebenenübergreifende Digitalisierungsagentur aufbauen: Ein Standardisierungs- und Auditierungsregime auf diesem Niveau erfordert eine professionelle und leistungsstarke Organisation als Eigner der Plattform. Die Föderale IT Kooperation (FITKO) könnte aus Sicht des NKR zu so einer Digitalisierungsagentur ausgebaut werden.
  • Föderale Aufgabenverteilung überdenken: Der dezentrale Vollzug von hoch standardisierten Verwaltungsleistungen hat sich in der Praxis als Hemmschuh herausgestellt, da nach den Prinzipien des OZG jedes Land, jede Kommune oder Gemeinde entweder aufwändig nachnutzen oder eigenständig digitalisieren muss. Für den Aufbau und Betrieb einer Plattform für Verwaltungsleistungen sollte deshalb die föderale Aufgabenverteilung kritisch hinterfragt werden.

Zum Download:

Die Stellungnahme des NKR zum OZG-Änderungsgesetz können Sie hier einsehen.

Das NKR-Positionspapier „Forderungen für eine Trendumkehr beim OZG-Änderungsgesetz“ von Februar 2023 lesen Sie hier.

Alle weiteren Informationen rund um das Thema Digitalisierung der Verwaltung finden Sie auf der Homepage des NKR hier.