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Die unabhängige und starke Stellung des Normenkontrollrats Baden-Württemberg muss bestehen bleiben!

Schwerpunktthema: Normenkontrollrat Baden-Württemberg

Die Landesregierung Baden-Württemberg hat angekündigt, ihre Bestrebungen zur Modernisierung von Staat und Verwaltung zu intensivieren. Im Zentrum der bisherigen Maßnahmen stand der Normenkontrollrat Baden-Württemberg, der die Landesregierung als unabhängiges Expertengremium seit Januar 2018 in Sachen Bürokratieabbau und besserer Rechtssetzung berät. Im Zuge der Neuausrichtung der Landesstrategie soll dieses Gremium massiv umgestaltet werden und droht zudem, seine Unabhängigkeit zu verlieren. Dabei verdankt die Landesregierung dem Normenkontrollrat Baden-Württemberg viele Impulse und substantielle Vorschläge im Kampf gegen unnötigen Bürokratie.

2022

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Lutz Goebel, Vorsitzender des Nationalen Normenkontrollrates: „Ich bin beunruhigt. Die Anzeichen verdichten sich, dass der Normenkontrollrat Baden-Württemberg in seiner jetzigen Form abgeschafft werden soll – und noch dazu mit einer fadenscheinigen Begründung. Vor dem Hintergrund der angekündigten Modernisierungsoffensive der Landesregierung wäre dies genau das falsche Signal an Bürgerinnen, Unternehmen und Verwaltungsbehörden, die alle gleichermaßen unter unnötiger Bürokratie leiden.“

Die Landesregierung hatte zuletzt zum Ausdruck gebracht, dass sie mit der bisherigen Arbeit des Normenkontrollrats nicht zufrieden sei und bisher keine ausreichenden Erfolge im Kampf gegen unnötige Bürokratie erzielt werden konnten. Diese Einschätzung entspricht nicht der 2021 erfolgten Evaluierung, die den Normenkontrollrat Baden-Württemberg als wichtigen Bestandteil des Regierungsprogramms zum Bürokratieabbau würdigt und seine weitere Stärkung empfiehlt (siehe hier).

Lutz Goebel: „Fakt ist, dass der Normenkontrollrat Baden-Württemberg vom ersten Tag seiner Einrichtung im Jahr 2018 als starker Impuls- und Ideengeber aufgefallen ist – über die Landesgrenze hinweg. Über 160 konkrete Empfehlungen, tiefgründige Studien und die Überprüfung der Folgekosten von Landesrecht: Wenn eine Institution sich ernsthaft um den Bürokratieabbau in Baden-Württemberg gekümmert hat, dann war es der dortige Normenkontrollrat. Aus eigener Erfahrung im Bund kann ich sagen, dass spürbarer Bürokratieabbau nur dann funktioniert, wenn Regierung und Parlament dies wollen und wenn sie die Vorschläge eines unabhängigen Expertengremiums auch umsetzen. Wenn die Bilanz des Normenkontrollrats Baden-Württemberg nicht zur Zufriedenheit der Landesregierung ausfällt, liegt die Verantwortung zu allererst bei ihr selbst und nicht bei dem Gremium, das sie jetzt dafür verantwortlich zu machen scheint.“

Jeder Ansatz zur Modernisierung von Staat und Verwaltung, der wirklich nachhaltig sein will, ist auf einen Impulsgeber angewiesen, der unabhängig und überparteilich agieren kann und außerhalb der Zwänge und Strukturen der Landespolitik steht. Die Erfahrung lehrt, dass Maßnahmenprogrammen zum Bürokratieabbau und zur Verwaltungsmodernisierung, die rein intern vorangetrieben werden, leicht die Luft ausgehen kann. Denn die Beharrungskräfte sind groß und schnelle Erfolge nicht zu erwarten. Gleichzeitig ist die Aufmerksamkeit der Politik für anstrengende Modernisierungsbemühungen aufgrund vielfältiger Zwänge der Tagespolitik oft nicht von Dauer. Diesen Zusammenhang sieht auch die Landesregierung in Thüringen, die vor wenigen Wochen erstmalig einen Normenkontrollrat eingerichtet hat.

Lutz Goebel: „So unbequem ein Gremium wie der Normenkontrollrat Baden-Württemberg im politischen Alltagsgeschäft sein mag. So sehr ist es genau diese unabhängige, überparteiliche und strikt an der Sache orientierte Qualität, die ein solches Gremium auszeichnet. Die Landesregierung wird ihre Gründe haben, den strategischen Fokus ihrer Modernisierungsagenda neu auszurichten. Für den Erfolg einer ambitionierten Reformpolitik, wie sie die Landesregierung proklamiert, ist es jedoch unerlässlich, weiterhin eine starke und unabhängige Institution wie den Landes-Normenkontrollrat zu haben. Denn wer hakt nach, wenn der Reformeifer einzuschlafen droht? Die jetzt geplanten Gesprächskreise der Landesregierung mit bürokratiebelasteten Unternehmen und Behörden sind gut. Sie können aber die Wirkung einer unabhängigen Institution wie dem Normenkontrollrat Baden-Württemberg nicht ersetzen. Die unabhängige und starke Stellung des Normenkontrollrats Baden-Württemberg muss bestehen bleiben!“

Hintergrund:
Der Normenkontrollrat Baden-Württemberg hatte am 1. Januar 2018 seine Arbeit aufgenommen. Nach dem Vorbild des Nationalen Normenkontrollrates auf Bundesebene handelt es sich dabei um ein unabhängiges Expertengremium, bestehend aus sechs Mitgliedern, mit beratender Funktion für die Landesregierung Baden-Württemberg. Angesiedelt ist der Normenkontrollrat Baden-Württemberg bisher beim Staatsministerium Baden-Württemberg (mehr Informationen hier).

Der Nationale Normenkontrollrat auf Bundesebene wurde 2006 eingerichtet und besteht aus zehn Mitgliedern. 2022 hat die Bundesregierung neue Mitglieder in den Nationalen Normenkontrollrat berufen. Sein Prüf- und Beratungsmandat wurde mehrfach erweitert, zuletzt um einen Digitalcheck für Gesetze.